Die Pathophysiologie des CKD-assoziierten Pruritus könnte multifaktoriell sein und mehr Ihrer Patienten betreffen, als Sie glauben.1,2
Pruritus bei CKD-Patienten wurde früher als urämischer Pruritus bezeichnet. Da sich aber das Verständnis der multifaktoriellen Pathogenese des Pruritus bei CKD weiterentwickelt hat, ist heutzutage die Bezeichnung CKD-assoziierter Pruritus üblich.1,3
In der Allgemeinbevölkerung ist Juckreiz oft eine unangenehme, aber flüchtige Empfindung. Doch bei Patienten mit fortgeschrittener CKD oder unter Hämodialyse kann der Juckreiz anhalten und die Lebensqualität grundlegend beeinträchtigen.1,2,4–6
Auch nach mehr als 50 Jahren Forschung wird der CKD-assoziierte Pruritus weiterhin untererfasst und zu selten behandelt.1,2
alle Patienten in der
DOPPS-Studie fühlten
sich durch Juckreiz
beeinträchtigt*2
alle Patienten in der
DOPPS-Studie fühlten
sich moderat bis
extrem durch Juckreiz
beeinträchtigt*2
der ärztlichen
Leiter unterschätzten
die Prävalenz
Prävalenz des Pruritus in
ihrer Einrichtung7
*Die Zahl wurde auf Basis der Gesamtzahl der Patienten berechnet, die angaben, durch Juckreiz etwas bis extrem beeinträchtigt zu sein.
Der CKD-assoziierte Pruritus ist ein Juckreiz, der direkt mit Niereninsuffizienz in Zusammenhang steht und der nicht durch eine andere Begleiterkrankung erklärbar ist.
Was ist CKD-aP?
Dr. Fishbane erklärt anhand neuester Forschungsergebnisse und der DOPPS-Daten das vielfältige klinische Bild, die hohe Prävalenz und die Untererfassung des CKD-aP.
Was ist die Ursache von CKD-aP?
Prof. Gallieni stellt führende Theorien zur Pathogenese des CKD-aP vor, unter anderem Toxinakkumulation, periphere Neuropathie, Dysregulation des Immunsystems und Opioidrezeptor-Ungleichgewicht.
Dr. Steven Fishbane, MD
Dr. Steven Fishbane ist Leiter des Bereichs Nephrologie bei Northwell Health und Professor der Medizin an der Zucker School of Medicine an der Northwell-Hochschule.
Mit über 25 Jahren Erfahrung und 235 begutachteten Veröffentlichungen ist Dr. Fishbane für seine Arbeit und insbesondere für Forschung und Innovationen in der Behandlung von CKD-Patienten bekannt.
Prof. Maurizio Gallieni
Prof. Maurizio Gallieni ist außerordentlicher Professor und Direktor der Fakultät für Nephrologie an der Universität von Mailand (Italien). Er absolvierte sein Studium und seine Ausbildung an der Universität von Mailand und Verona und war als Forschungsstipendiat an der Washington University in Saint Louis (USA).
Die Forschungsinteressen von Prof. Gallieni umfassen klinische Nephrologie, CKD und Dialyse, CKD-Mineralstoffwechsel- und Knochenerkrankungen, Dialysezugang, Onkonephrologie, glomeruläre Erkrankungen und Simulationstraining in der interventionellen Nephrologie. Er ist Coordinating Editor des Journal of Vascular Access und hat 285 in PubMed verzeichnete Publikationen verfasst (H-Index: Scopus:33).
Pathophysiologie des CKD-assoziierten Pruritus
Die Forschung legt nahe, dass die Pathophysiologie des CKD-assoziierten Pruritus multifaktoriell ist und wahrscheinlich durch Toxinablagerungen, Opioid-Dysregulation, Dysfunktion des Immunsystems und periphere Neuropathie verursacht wird.1
Der CKD-assoziierte Pruritus wird auch als urämischer Pruritus bezeichnet. Dies geht auf die ursprüngliche Theorie zurück, dass an der Pathogenese des CKD-assoziierten Pruritus „urämische Moleküle“ beteiligt seien, unter anderem Vitamin A, Aluminium, Calcium, Phosphor und Magnesium.
Diese Theorie stützte sich auf mehrere frühe Beobachtungen:
- Assoziation des CKD-aP mit unzureichender Dialyse und höheren Calcium-, Phosphor- und Parathormon-(PTH-)Werten
- Verbesserung der Prävalenzraten des CKD-assoziierten Pruritus im Lauf der Zeit
- Verbesserungen des Juckreizes nach Behandlung der hohen Calcium-, PTH- und Phosphorwerte, auch durch Parathyreoidektomie
Zum jetzigen Zeitpunkt geht man davon aus, dass unzureichende Dialyse und Toxinablagerungen bei einer Untergruppe von Patienten CKD-assoziierten Pruritus verursachen können. Bei diesen Patienten sollte sich das Management des CKD-assoziierten Pruritus auf die Optimierung der Hämodialyse konzentrieren, um die KDIGO-Ziele (Kidney Disease: Improving Global Outcomes) für Kt/V, Calcium, Phosphor und PTH zu erreichen.
Der Opioidsignalweg mit Rezeptoren im Gehirn, in peripheren Nerven, Keratinozyten, Melanozyten, Haarfollikeln und Immunzellen wurde zunehmend als wichtiger Modulator des Juckreizes identifiziert.
Diese Theorie zur Pathophysiologie des CKD-assoziierten Pruritus legt nahe, dass eine Überstimulation zentraler μ-Opioid-Rezeptoren, ein Antagonismus peripherer κ-Opioid-Rezeptoren oder ein Ungleichgewicht von Stimulation und Antagonismus von μ- und κ-Opioid-Rezeptoren Juckreiz verursacht.
Diese Theorie zur Pathophysiologie des CKD-assoziierten Pruritus legt nahe, dass eine Mikroinflammation in der Haut und möglicherweise eine systemische Entzündung den Juckreiz
auslösen. Bei Hämodialysepatienten werden höhere Werte von Entzündungsmarkern wie T-Helfer-1-Zellen, C-reaktives Protein, Interleukin-6 und Interleukin-2 beobachtet, was diese Theorie stützt. Darüber hinaus geht der CKD-assoziierte Pruritus mit einer hohen Leukozytenzahl, niedrigem Albuminund
hohem Ferritinspiegel einher. Auch die allergische Reaktion könnte beim CKD-assoziierten Pruritus fehlreguliert sein. Bei Patienten mit CKD-assoziiertem Pruritus wurden erhöhte Zahlen von Eosinophilen und Mastzellen sowie erhöhte Histamin- und Tryptasewerte festgestellt.
Es wird angenommen, dass neuropathischer Juckreiz entsteht, wenn primäre afferente sensorische Neuronen oder Interneuronen überproportional oder unabhängig von nachweisbaren verursachenden Substanzen (z. B. Toxinen) aktiviert werden. Diese Theorie wird durch die Beobachtung einer hohen Prävalenz von peripherer sensomotorischer Neuropathie und Dysautonomie bei Hämodialysepatienten
gestützt, was den Juckreiz erklären könnte. Außerdem haben Hämodialysepatienten mit Parästhesien und Restless-Legs-Syndrom häufiger einen CKD-assoziierten Pruritus.
Vitamin A, Aluminium,
Calcium, Phosphor,
Magnesium1
und κ-Opioid-rezeptoren
Überstimulation
der μ-Opioidrezeptoren
Antagonismus der κ-Opioidrezeptoren1
Mikroentzündungen der Haut/Allergie: Eosinophile, Mastzellen, Histamin
C-reaktives Protein, Interleukin (IL)-6, IL-2, Leukozyten, Ferretin1
Anomale Innervierung und Nervenleitung in der Haut1
Haben Sie nur an der Oberfläche des CKD-assoziierten Pruritus gekratzt?
Dieses Video gibt einen Überblick über CKD-aP, unter anderem über die Belastung der Patienten, die Pathophysiologie und aktuelle Behandlungsstrategien.
CKD-Patienten, die sich einer Hämodialyse unterziehen, haben bereits eine schlechte Lebensqualität, die durch CKD-assoziierten Pruritus noch verschlimmert wird.4–6 Finden Sie heraus, wie der CKD-assoziierte Pruritus die Schlafqualität, die sozialen Beziehungen und die psychische Gesundheit Ihrer Hämodialysepatienten beeinträchtigen kann.
- Verduzco H, Shirazian S. CKD-associated pruritus: new insights into diagnosis, pathogenesis, and management. Kidney Int Rep. (2020);5(9):1387–1402.
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